oida-pola

Redakteurin Hannah, ihres Zeichens geboren und aufgewachsen in Wien, wagt den Selbstversuch. Eine Woche lang verzichtet sie auf die Worte „Ur“, „Oida“ und „Heast“. Lasst uns eines sagen – man kann den Wiener vielleicht aus der Sprache verbannen, nicht aber aus der Seele.

Was für eine dumme Idee. Ich verzichte eine Woche lang auf die Wörter „Oida“, „Heast“ und „ur“.  Ich frage mich immer öfter, wieso ich mir das Leben unnötig schwer mache. Wer mich kennt, weiß eines – alles ist „ur“ cool oder „ur“ lustig. Auf gute Nachrichten reagiere ich mit einem freudigen „OOOOiiidaaa“ und ärgert mich etwas, wird es mit einem erzürnten „Oida!“ (die Betonung liegt hier eindeutig am „a“) bestraft. Ja, der Wiener Jargon ist in mir wie der Jagdinstinkt in einem Tiger.

Tag 1 – Let the battle begin 

Noch bin ich begeistert von meinem Selbstversuch. Es kann ja nicht so schwer sein, seine Sprache ein wenig umzusteltag 1len. Habt ihr gedacht. Ich denke an die weisen Worte meines Vaters, der immer zu sagen pflegt: „Die Sprache ist ein Instrument, auf dem man lernen muss virtuos zu spielen“. Kann ich. Mach ich. Virtuos verzichte ich auf meine auserwählten Lieblingsworte. Ich verwende „so“, „sehr“, „wahnsinnig“ und „unglaublich“ und vergesse mein geliebtes „ur“ schon fast. Doch was ist ein adäquates Synonym für  „Oida“? Nach reichlicher Überlegung und dem Verwerfen der Worte „Heureka“ und „Donnerwetter“ steht fest: Kein Wort der Welt kann das geliebte „Oida“ ersetzen. Kann man nur hoffen, dass in der nächsten Woche nichts besonders Schönes, aber auch nichts wahnsinnig Schlimmes passiert. Man nimmt den Selbstversuch ja schließlich ernst.

Tag 3 – Motivation, wo bist du? 

tag 3Ich merke schnell. Arbeit und Treffen mit der Familie sind gut für meine Sprache, Freunde und Überraschungen nicht. Auch starke Emotionen, positive wie negative, wirken sich schlecht auf meine Erfolgsstatistik aus. Ich stelle fest – beim Ausdruck von ehrlicher, tiefer Freude oder einer positiven Überraschung entfleucht mir wie aus der Pistole geschossen ein „Oida“. Das kann ich nicht steuern. Es ist so wie niesen. Das kann man auch nicht unterdrücken. Das „Oida“ formt sich schon unten im Bauch und erkämpft sich seinen Weg in die Mundhöhle. Zack. Da ist es. Und schon wieder ein mentales Stricherl auf der Liste. Das nimmt eine Dynamik an, die ich nicht gerne sehe.

Tag 5 – Lasset das Magengeschwür wachsentag 5

Man hätte mir sagen sollen, dass aus einem Selbstversuch eine Selbstenttäuschung werden kann. Ich rede nicht mehr gerne. Bei jedem „ur“ und „Oida“, das mir rausrutscht, ärgere ich mich wahnsinnig. Auch die Hinweise meiner Kollegen „Aber Hannah, das darfst du ja gar nicht sagen“, bringen mich zur Weißglut. Der Versuch macht keinen Spaß. Nicht im Geringsten. Over and out.

tag 7Tag 7 – das Finale

Endlich, ich bin erlöst. Ende und aus. Ich bin raus. Der Versuch kann als gescheitert angesehen werden. Ich stelle fest, die Wiener Sprache ist in mir verwurzelt wie das Amen im Gebet. Das wird auch so bleiben, da ich weder auf Freunde noch echte Emotionen verzichten möchte. Es bleibt also bei  „Heast Oida, der Selbstversuch war wirklich ur uncool“. Hach.

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