Die 78er. Institut für Stadterkundung Wien. Wer jetzt an ein normales Magistrat denkt, der liegt weit daneben. Die beiden Herren hinter dem Fotoprojekt sind nicht an den prunkvollen Seiten der Stadt interessiert. Nein, sie gehen dorthin, wo es dreckig wird.
Leer stehende Büros. Baustellen. Das Dach des Rathauses. Verlassene Kinderheime. Freistehende Kräne. Nichts, was die beiden Herren, die im Zuge des Berichts nicht namentlich genannt werden wollen, nicht interessiert. Es kann nicht zu hoch, zu gefährlich oder zu entlegen sein. Das Stadtbild wird nicht nur durch Prunkbauten geprägt, sondern erstaunlich viele Gebäude sind stillgelegt. Gehen sie an einer neuen Baustelle vorbei oder entdecken ein leerstehendes Haus, ist das Interesse geweckt. „Fernab vom Alltagsgeschehen wird versucht, die oft ganz einzigartigen Stimmungen und die besondere Ästhetik dieser Orte photographisch festzuhalten. (Un-)Orte, die keine Funktion mehr innehaben, dem alltäglichen Blick verborgen bleiben und letzten Endes verschwinden“, beschreiben die beiden jungen Männer ihr Projekt.
Was bleibt, wenn keiner bleibt?
Dann wird überlegt, wie man am besten den neuen Schatz entern könnte. Da kann es schon einmal passieren, dass man sich am Ende in atemberaubender Höhe, ungesichert auf einem Kran befindet oder auf dem Dach einer der Wiener Bunker übernachtet. Der Stadt erhaben werden dann Bilder gemacht, die auf ihrem Blog veröffentlicht werden. Passiert ist den beiden noch nie etwas. Ganz legal ist die Sache trotzdem nicht. „Das kommt ganz drauf an, aber zum Glück gibt es in Wien auch die Eigenheit der rechtlichen Grauzone.“ Deswegen sind die beiden immer auf der Hut und müssen stets schnell handeln. Ein leerstehendes Haus kann schon am nächsten Tag Schutt und Asche sein.
„Dazu gehört sicher eine große Portion Neugier, ein Interesse daran, was sich hinter den Fassaden der sonst so rausgeputzten Stadt verbirgt.“
Ob man die Arbeit der beiden gut findet oder nicht, eines kann man nicht leugnen. Die Bilder, die entstehen, sind atemberaubend. Ausblicke über die Stadt bei Nacht. Berührende Einblicke in verlassene Kinderheime. Verwesende Tiere. Habseligkeiten, die in einer Villa vergessen wurden. Alte Turnhallen. Schilder, wie „Bitte die Türe geschlossen halten. Da sich sonst Patienten verirren können.“ wirken einerseits morbide und berühren andererseits. „Solche Orte haben ihren ganz eigenen und besonderen Charme. Man sieht Dinge, die sonst niemand oder nur sehr wenige Leute sehen. Besonders eindrucksvoll ist es auch, wenn sie die Natur die Orte ‚zurückholt'“, lassen uns die beiden Abenteurer wissen.
Was alle Bilder gemeinsam haben: Sie sind Zeitdokumente einer Stadt, die ständig in Bewegung ist. Denn das macht Wien zu dem, was es ist. Und auch diese blinden Flecken müssen sichtbar gemacht werden. Denn Wien ist nicht nur prachtvoll und glitzernd. Und das ist auch gut so. Wir sind gespannt auf die nächsten Seiten unserer Stadt, die die 78er sichtbar machen.
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