Und schon geht der zweite Artikel im Zuge unserer Kooperation mit social attitude online. Heute steht Jakob im Fokus. Ein junger Lehrer am Anfang seiner Karriere. Mit uns hat er über seine Berufswahl gesprochen und uns verraten, wieso er es für wichtig hält, ein Leben neben der Schule zu haben. Motiviert und abgeklärt zugleich.
„Man muss den Mehrwert sehen: Läuft es in der Schule gut, läuft es auch auf den Arbeitsmärkten gut“
Turnen und Biologie. Das sind die beiden Fächer, die den jungen Lehrer Jakob P. die kommenden Jahre begleiten werden. Doch dass er Lehrer werden würde, war für ihn nicht immer klar. Sein Studentenleben hat er auf der BOKU begonnen, der Funke für den Lehrerberuf ist aber erst übergesprungen, als er bei Jugendreisen und in Skischulen für dutzende junge Leute verantwortlich war. „Da hab ich dann eher durch Zufall bemerkt, dass mir die Arbeit mit Jugendlichen Spaß macht.“ Und aus diesem Zufall ist dann ein Lehramtsstudium in den Fächern Biologie und Sport geworden. Das Studium hat er dann in Rekordzeit durchgezogen und steht seit September in der Klasse. Komplett dort angekommen, wo er als Lehrer sein möchte, ist er in dieser Zeit natürlich noch nicht, wie er selber sagt. Jeden Tag lernt er was Neues. Doch was für ein Lehrer möchte er eigentlich sein? „Die Schüler können viel mitgestalten, aber mir ist eine gewisse Hierarchie wichtig – ich erwarte, dass wenn ich etwas sage, das auch gemacht wird. Ich habe den Eindruck, dass die Schüler das durchaus auch wollen und sie es wertschätzen Orientierung in einer Person zu finden. Ich sehe mich als Führungsperson, die Wert auf Regeln legt, aber innerhalb dieser Regeln einen großen Freiraum für eigenes Handeln gibt.“ Disziplin und Kontinuität sind Jakobs oberste Regeln. Was dabei aber nicht fehlen darf, sind eine große Portion Humor und eine offene Gesprächsbasis zwischen Lehrer und Schüler.
Lehrer – ein Beruf, der mit viel Verantwortung verbunden ist. Schließlich sollten die jungen Menschen die Schule einmal als mündige, gebildete und verantwortungsbewusste Personen verlassen. Empfindet man dabei gerade als junger Lehrer Druck, diesen Erwartungen gerecht zu werden? „Druck verspüre ich keinen. Ich glaube, wenn man sich in diesem Beruf selber zu viel Druck auferlegt, geht man schnell unter. Ich will natürlich, dass meine Schüler etwas lernen, und empfinde große Freude, wenn ich das Gefühl habe, ich bin nicht umsonst in die Klasse gegangen und es ist etwas bei ihnen hängengeblieben. Das ist für mich die größte Bestätigung. Ich versuche jeden Tag, mein Bestes zu geben, aber ich weiß, es kann nicht alles aufgehen.“ Das klingt nach einer sehr nüchternen und rationalen Einstellung. Als Lehrerkind – wie es Jakob eines ist – erlebt man eben schon früh, wie es ist, an der anderen Seite des Lehrertisches zu sitzen. Eine Gelassenheit, die – wie Jakob berichtet – nicht alle seine Studienkollegen teilen. Viele von ihnen haben falsche Vorstellungen über den Alltag als Lehrer und konnten auch im Studium nicht die nötige Erfahrung sammeln. Das Ergebnis: Sie sind überfordert, verzweifelt und fühlen sich fehl am Platz. Einige von ihnen werfen schon während des Unterrichtspraktikums, dem Jahr, in dem sie „unter Aufsicht“ unterrichten, das Handtuch.
Steht er in der Klasse, dann gibt er hundert Prozent und versucht seinen Unterricht modern und am Puls der Zeit auszurichten. Da kann es schon sein, dass in einer Turnstunde ins Fitnessstudio gegangen und dort der richtige Umgang mit den verschiedenen Geräten gelernt wird. Etwas, was dem jungen Lehrer selber auch zugutekommt, denn steht er nicht in der Schule oder bereitet Stunden vor, findet man ihn entweder auf der Skipiste, im Fitnessstudio oder im Wasser beim Kitesurfen. Seine Faustregel: eine neue Sportart pro Jahr lernen. Der Mann weiß also, wovon er in seinem Unterricht spricht. Ein Leben neben der Schule – das ist seine Geheimwaffe, um ein guter Lehrer zu sein. Denn die Lebenserfahrung, die er neben den schulischen Tätigkeiten sammelt, macht ihn nicht nur zu einem erfahrenen Menschen, sondern auch zu einem besseren Lehrer. Wieso? „Es ist ja kein Geheimnis, dass der Sozialisationsprozess dich zu dem macht, der du bist. Bis zum Studium ist schon so viel passiert in einem Leben. Musste man sich in Gruppen durchsetzen oder wurde man immer von den Eltern beschützt? War man der Klassenclown oder der Außenseiter? All diese kleinen Prozesse sind Bausteine, was für ein Lehrer du einmal sein wirst.“ Die sozialberufliche Komponente ist es auch, die es schwer macht, den Beruf hinter sich zu lassen, wenn man aus dem Schulhaus hinausgeht. Da werden Elterngespräche verarbeitet, der Unterricht reflektiert und an den nächsten Tag gedacht.
„Du bist Lehrer, Geschäftsmann, Manager, Psychologe, Vermittler von Fachwissen, Ansprechpartner und Freund bei diversen Anliegen und auch ein bisschen Sekretär. Der Beruf ist ja viel mehr als reine Stoffvermittlung. Das wird, glaube ich, von vielen missverstanden. Ein Armin Wolf wird auch nicht nur an der Zeit gemessen, in der er die Nachrichten vorträgt – der steht auch nicht 40 Stunden vor der Kamera. Da finde ich es komisch, dass Lehrer danach beurteilt werden, wie viele Stunden sie in der Klasse stehen.“ Abgesehen von der Vorbereitung, dem administrativen Part und der Nachbereitung sind 50 Minuten durchgehende Konzentration sehr fordernd. Dazwischen hat man Pausenaufsicht oder bereitet die kommende Stunde vor. Schnell einen Kaffee trinken zwischendurch, weil man ein Konzentrationstief hat, ist einfach nicht drinnen. Außerdem ist der Beruf laut Jakob schwer zu automatisieren. „Klar, ein Arbeitsblatt austeilen, das kann man automatisieren, aber nicht, was dann in der Zeit des Ausarbeitens alles passiert. Du machst jeden Tag ein bisschen was Neues, vielleicht den selben Stoff wie vor einem Jahr, aber die Situation in der dieser Stoff vermittelt wird und wie die Schüler darauf reagieren, verändert sich mit jedem Schuljahr und jeder Klasse. Wenn du dir dann selber zu viel Druck machst und nicht den notwendigen Humor als Schutzschild hast, bist du beim Burn-out ziemlich gut dabei.“ Große Worte von einem jungen Lehrer, der motiviert in seine Zukunft in diesem Beruf blickt.
„In der Schule lernt man nichts für’s Leben – so ein Blödsinn“
Neben der Wissensaneignung sieht Jakob die Schule als den Platz, an dem man Grundlegendes fürs Leben lernt und mitnimmt. Pünktlich im Unterricht erscheinen. Höflichkeit. Der Wille, auch etwas zu lernen, was einen nicht interessiert. Zusammenleben auf Sprachreisen. Gegenseitiger Respekt. All das sieht er als essenzielle Grundeigenschaften, die man im zukünftigen (Arbeits-) Leben brauchen wird. Und er versucht seinen Part dabei zu leisten. Jeden Tag aufs Neue.
Dieser Artikel wurde uns von unserem Kooperationspartner social attitude zur Verfügung gestellt.
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