Gefährliche Liebschaften, Dangerous Liaisons oder Eiskalte Engel – der Stoff ist bekannt, die Inszenierung neu. Im heimeligen Schubert Theater in 1090 wird das Stück wieder zum Leben erweckt und 2015 prompt für den Nestroypreis für die beste Off-Produktion nominiert. Gerechtfertigt? VIENNARAMA ließ sich überraschen.
Wo Theater keinen Dresscode hat
Wer die Währingerstraße schon öfters entlang spaziert und ein aufmerksamer Beobachter ist, dem ist bestimmt schon einmal das Schild des Schubert Theaters ins Auge gestochen, das über dem Torbogen der Nummer 46 thront. Der vom Innenhof aus begehbare Saal ist ein kleines Stück Geschichte, das in den 1920ern als Schubert Kino gegründet wurde, in dem (die damals noch unbekannte) Cissy Kraner vor dem Hauptfilm auftrat. Heute ist das Theater eine Ausnahmeerscheinung, die aus dem Getöse der großen, prunkvollen Theatersäle heraussticht und Theater in seiner ursprünglichen Form gibt. Dank dem Co-Direktor ist es heute auch für eine andere verschwindende Darbietungsgattung bekannt: Puppenstücke für Erwachsene. Und wie mit Marionetten spielen auch die Hauptfiguren in Gefährliche Liebschaften mit ihren Mitmenschen.
Gefährlich gelangweilt
Der französische Adel des 18.Jahrhunderts ist gelangweilt. Der Vicomte de Valmont (Alexander Jagsch) und die Marquise de Merteuil (Aleksandra Corovic), die selbst einige Liebesabenteuer miteinander verbindet, suchen daher ihre Genugtuung in der Verführung. Doch auch hieran nutzen sie sich ab. Erst als die Marquise eine scheinbar unmöglich zu gewinnende Wette aufbringt, gerät das Blut der beiden wieder in Wallung. Der Vicomte soll sowohl die jungfräuliche Cécile de Volanges (Julia Edtmeier) noch vor ihrer Hochzeitsnacht als auch die für ihre hohen moralischen Prinzipien bekannte und bereits verheiratete Madame de Tourvel (Salka Weber) verführen. Der Einsatz? Ein doppelt brisantes Liebesnachtrevival mit der Marquise. Das Spiel läuft, doch das Leben ebenso. Und so mischen sich bald echte Emotionen unter die vorgetäuschten und Glück und Unglück reichen sich die Hand. Das Tragische wird komisch und das Komische tragisch. Bis hin zum Tod.
Der Abstieg des Adels in die Highschool
Die wahrhaft geniale Geschichte, die ein wunderbares Netz an Intrigen und Affären schildert, die über die Verursacher hinauswachsen, geht zurück auf den Briefroman Les liaisons dangereuses aus dem Jahre 1782. Filmisch 1988 aufgegriffen, glänzten Glenn Close, John Malkovich und Michelle Pfeiffer in Dangerous Liaisons und machten den Roman erstmals einem weltweiten Publikum zugänglich. Der jüngeren Generation wahrscheinlich besser in Erinnerung: Eiskalte Engel (Originaltitel: Cruel Intentions) aus dem Jahr 1999 mit Sarah Michelle Gellar, Ryan Philippe und Reese Witherspoon, die die Handlung in der Gegenwart umsetzten und als gelangweilte Teenager reicher Eltern ein Highschool Drama vollführten.
VIENNARAMA-Fazit: Die Geschichte ist und bleibt ein Meisterwerk. Die Inszenierung jedoch kann nicht durchgehend überzeugen. Auch wenn die Schauspieler streckenweise brillieren, so hat man doch das Gefühl, dass die Regisseure stets zwischen originalgetreuer Wiedergabe und moderner Abstrahierung – auch mithilfe von Requisiten – hin- und hergerissen waren. Dies lässt scheinbar willkürlich ausgewählte, ins Komische verzerrte Szenen neben mitreißend emotionalen unauthentisch und gewollt wirken.
Foto-Credits: de.wikipedia.org, i-voix.net, Schuberttheater Wien
Discussion
Leave a reply