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Mit Black & White geht die Albertina neue Wege in ihrem Ausstellungsprogramm und zeigt erstmals Exponate aus ihrem Kernbestand der Fotosammlungen. VIENNARAMA war natürlich mit dabei!

Black and White – Highlights aus der Fotosammlung der Albertina
Es ist noch gar nicht so lange her, dass sich die Albertina – nächst typischen Impressionismus-Ausstellungen – nun auch der Fotografie widmet. Dies hat man dem derzeitigen Direktor der Albertina, Klaus Albrecht Schröder, zu verdanken.

K. K. Hof- und Staatsdruckerei Wien Die Schottenbastei in Wien zur Zeit ihres Abbruchs, 1860
K. K. Hof- und Staatsdruckerei Wien
Die Schottenbastei in Wien zur Zeit ihres Abbruchs, 1860

Kurz nach seiner Ernennung im August 1999 gründete er bereits im November desselben Jahres die Fotosammlung, bestellte Kuratoren, Fotohistoriker sowie Restauratoren ins Haus und legte somit den Grundstein für eine neue Ausstellungsstrategie. Die Kernbestände der Albertina, die nun zum ersten Mal exemplarisch der Öffentlichkeit vorgeführt werden, bestehen aus Altbeständen (k.u.k. Fotografie), den Beständen der „Graphischen“ (auch Höhere Graphische Bundes-, Lehr-, und Versuchsanstalt Wien genannt), sowie aus weiteren übernommenen Bildarchiven und Neuankäufen seit 1999.

In Black & White wird ein Überblick aus just diesen Kernbeständen gezeigt. Dies reicht von k.u.k. Fotografien eines längst vergessenen Wiens zu Strömungen wie dem Piktorialismus, der Neuen Sachlichkeit, aber auch Street Photography eines Amerikas in der Nachkriegszeit.

K.u.k. Wien auf ziemlich alten Fotos
Im Frühjahr 1826 gelang es dem französischen Fotografen Nièpce erstmals im Heliographie-Verfahren die erste Fotografie zu erstellen. Von da an breitete sich die Technik rasant aus – kein Wunder dass die K.k. Hof- und Staatsdruckerei Ende der 1840er Jahre sogleich eine Abteilung für Fotografie gründete. Die größte Fotokampagne, die unter der Obhut des damaligen Direktors Alois Auer erstellt wurde, befasste sich mit einem Wien, das sich kurz vor dem Abriss seiner alten Stadtmauern befand. Die Abzüge entstanden damals durch das Auflegen der Negative direkt auf Salzpapier und waren damit genau so groß wie die damaligen Fotografien.

Trude Fleischmann Die Schauspielerin Sibylle Binder, um 1935
Trude Fleischmann
Die Schauspielerin Sibylle Binder, um 1935

Piktorialismus, die Neue Sachlichkeit, und die be-drückenden 1930er Jahre
Ein paar Jahrzehnte nach diesen bahnbrechenden ersten Fotografien entwickelte sich in den 1890er Jahren eine Strömung, die Fotografie erstmals nicht als bloße Gegenwartsaufnahme betrachtete, sondern als eigenes künstlerisches Medium. Sie sollte der Malerei gleichgestellt werden (zumindest war dies die Intention), und die bereits etwas weiter fortgeschrittene Technik ließ impressionistische Landschaftsfotografien zu. Kurz vor dem zweiten Weltkrieg waren einige Vertreter dieser Strömung – Rudolf Koppitz, Anton Josef Trčka und Trude Fleischmann – damit beschäftigt, sie mit einer gemäßigten Moderne in bekannten Porträt- und Tanzstudien zu verbinden. In den 1920er Jahren verbreitete sich von Deutschland aus die Neue Sachlichkeit. Statt ornamentalen, jugendstilnahen Arbeiten dominierten nun Präzision, Objektivität, und Schärfe.

Robert Frank Rodeo, Detroit, Michigan 1955
Robert Frank
Rodeo, Detroit, Michigan 1955

Porträtfotografien fokussierten das Gesicht in Nahaufnahme. Unter Helmar Lerski‘s Studien transformierte sich das Porträt einer Person zu einem Porträt, in dem die Landschaft des Gesichtes – mit Erhebungen, Vertiefungen, Falten und dem Einfluss von Licht und Schatten – zu etwas Formierbarem wurde. Genauso war es mit der Landschaft: Licht und Schatten formierten Bilder von idealisierten österreichischen Landschaften (wie z.B. von Wilhelm Angerer). Solche Fotografien entstanden im ideologischen Kontext der Heimatfotografie und spiegelten den beginnenden Faschismus der 30er Jahre. Trude Fleischmann etwa war nach dem Anschluss Österreichs an Deutschland vor allem damit beschäftigt, dem Nazi-Regime Richtung Amerika zu entfliehen.

Die Nachkriegszeit und das Amerika der 1960er – Street Photography
Die Ausstellung übergeht die Kriegszeit und ihre Fotografie und setzt in den 1960ern wieder an. Wie etwa bei Robert Frank, dessen Vater in der Nazi-Zeit die deutsche Staatsbürgerschaft verlor und für sich und seinen Sohn in der Schweiz eine Heimat auf Kriegszeit schaffte. Nach Fotografie-Ausbildungen ging Frank für seinen Arbeitgeber auf Reisen und gelangte so auch nach Amerika, wo er ein Guggenheim Stipendium für ein großangelegtes Projekt bekam. Im Zuge dessen fotografierte er die amerikanische Gesellschaft auf seiner Durchreise durch das Land, und so entstand die berühmte Serie „The Americans“, ein nüchternes Gesellschaftsporträt im Kontext des Kalten Krieges.

Daidõ Moriyama Documentary 78, 1986
Daidõ Moriyama
Documentary 78, 1986

Durch neu entwickelte Kleinbildkameras konnten spontane Aufnahmen gemacht werden, Bewegungsunschärfen verbildlichten die Geschwindigkeit und Hektik der Großstädte Amerikas.

Japanische Fotografen in der Fotosammlung
Ein weiteres Highlight in der Sammlung der Albertina stellen die Werke japanischer Fotografen dar. So sieht man z.B. die Porträts, die Daidō Moriyama, der nicht nur für seine Street Photography des Nachkriegs-Japan berühmt ist, sondern auch täglich Porträtstudien seiner Frau anfertigte, bis zu ihrem Selbstmord in 1985.

VIENNARAMA-Fazit: Die ausgewählten Schwarz-Weiß Fotografien aus dem Bestand der Albertina sind auf jeden Fall einen Blick wert. Die neu eröffnete Gallery for Photography lässt auf weitere interessante Nachfolger-Ausstellungen hoffen. Wer sich zu guter Letzt fragt, warum es nur Schwarz-Weiß Fotografien zu sehen gibt: Laut den Kuratoren ist dies Auftakt und Anlass, sich später auch dem farbigen Foto-Archiv der Albertina zuwenden zu können.

Die Ausstellung wird noch bis 16. Jänner 2015 zu sehen sein.
Am 23. September gibt es für alle Interessierten eine Kuratorenführung.

Weitere Informationen: http://www.albertina.at/ausstellungen/aktuell

Foto-Credits: Albertina, Robert Frank

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