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Manchmal passen Dinge, die man liebt einfach nicht zusammen. Ich liebe zum Beispiel gebratenen Speck und bin geradezu süchtig nach Erdnussbutter. Aber beides zusammen – ich hab’s ausprobiert – ist ungenießbar. So oder so ähnlich, verhält es sich mit Schnee und Wien. Ungenießbar.

Diese Kolumne besteht ja vorwiegend aus Lobeshymnen und Huldigungen an diese Stadt, die so schön, interessant und lebenswert ist. Mit ihren einladenden Gassen, netten Ecken und dem überaus guten Öffi-Netzwerk hält einen doch kaum etwas drinnen, so viel gibt es draußen zu sehen, entdecken und bestaunen. Der Ehrlichkeit halber muss ich hiermit, geschlossen aus den jüngsten Erfahrungen, noch hinzufügen: Nicht im Winter.

IMG_0026Ich liebe Schnee. Immer würde ich die kühlen Jahreszeiten dem Sommer und der Hitze vorziehen. Ich finde das langsame Bergabfallen der weißen, dicken Flöckchen beruhigend, fast schon hypnotisch. Am schönsten ist es, wenn man die erste Person ist, die mit langsamen Schritten die ersten Fußabdrücke in den knirschenden Neuschnee setzt und sich jedes Mal fühlt, als ob man gerade eine völlig neue Welt erschließt. Es waren die schönsten Tage als Kind, wenn man morgens von dem leisen Kratzen der Schneeschaufeln geweckt wurde. Dann hieß es rein in den Overall und dann draußen bleiben, bis man blaue Lippen und so gut wie gar kein Gefühl mehr in Fingern und Zehen hatte und die Schneeburg mit Wachturm, Munitionslager und Burggraben endlich fertig war. Warum hat man eigentlich jemals damit aufgehört?

IMG_0037Aber egal, hier geht es um etwas anderes. Wenn dann wie gesagt die ersten weißen Flocken friedlich vom Himmel rieseln, bricht in der Stadt das Chaos aus. Die Presse beschwichtigt das immer gerne und lässt verlauten, dass die Stadt „jedes Jahr besser vorbereitet“ ist, was man als Nutzer der öffentlichen Verkehrsmittel eigentlich nur belächeln kann. Wenn man kurz vor Tagesanbruch – noch im warmen Bett (das sich übrigens in keiner Jahreszeit und noch nie im ganzen Leben so immens kuschlig und bequem angefühlt hat) liegend – aus dem Fenster sieht und der Schnee die gegenüberliegenden Häuserfronten hinabrieselt, vermutet man noch nicht, was passieren wird, wenn man den ersten Schritt aus dem schützenden Wohnhaus wagt. Um die Sache auf den Punkt zu bringen: Ich muss nun für meinen täglichen Weg gut 30 Minuten mehr einplanen. Permanent bleiben Busse, Straßenbahnen und sogar U-Bahnen in den unfassbaren Schneemassen von 10 Zentimetern stecken und kommen viel zu spät oder an Tagen, wo man’s so richtig eilig hat gleich gar nicht. Gut, ich könnte eventuell einiges zu Fuß zurücklegen, wird von mir aus Angst vor tödlichen Dachlawinen aber lieber vermieden.

Nur Rutschgefahr, die ist so gut wie gar nicht vorhanden. Der Stadtmensch neigtIMG_0006 dazu, beim ersten Aufkommen möglicher Schneeschauer – also gleich nachdem das erste Flöckchen den Boden berührt – die Kilosäcke Salz zu holen und zu streuen was der Sack so hergibt. Gut, man erspart sich eventuelle Knochenbrüche vom Ausrutschen auf spiegelglatter Oberfläche, muss aber mit der Gefahr leben, barfuß in der Arbeit anzukommen, da sich die Schuhe in dem nasskalten Salzmatsch nach und nach zu zersetzen drohen. Als Mensch, der nicht in einer Großstadt, sondern in ländlicheren Regionen aufgewachsen ist, tut man sich mit der Neuschneepanik natürlich noch schwerer. Da ist man nicht so zimperlich, wenn es ein, zwei, zwanzig Grad minus hat. Da steht das Verkehrsnetz erst still, wenn Tundra-Verhältnisse herrschen. 10cm Schnee? Nicht der Rede wert. 50cm Schnee? Kein Problem, das schaufelt der Opa noch vor der Brotzeit weg. 2m Schnee? Geil, endlich wieder Schispringen vom Garagendach. 4m Schnee und abgeschnitten von der Außenwelt? Koa Problem, de Oma hat eh genug Konserven in Keller.

Jedenfalls verbringe ich verschneite Tage in Wien in Zukunft damit, mich so schnell es geht in die Wohnung durchzukämpfen und diese nicht mehr zu verlassen. Vielleicht sollte man auch schon mal mit Hamsterkäufen anfangen, falls nochmal 10 Zentimeter dazukommen und somit die Apokalypse eingeleitet wird. Wie auch immer, ich werde das alles dann aus sicherer Entfernung vom Bett aus beobachten, lächelnd, mit einer Konservendose mit eingelegten Birnen von der Oma in der Hand.

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