Schloss aus Glas. Klingt kitschig, ist es aber nicht. Und wo Woody Harrelson draufsteht, sind wir ohnehin ohne weitere Fragen dabei. VIENNARAMA hat sich den Film – der auf der 2005 in Romanform verfassten Biografie von Jeanette Walls beruht – für euch vorab angesehen.
Unser Zuhause geht dorthin, wo wir hingehen!
Zwei Paare, ein schickes New Yorker Geschäftsessen, Gespräche über die Familie. Upper Class at its best. Dementsprechend überrascht ist Davids (Max Greenfield) potenzieller Geschäftspartner, als seine Reporterfreundin Jeanette Walls (Brie Larson) dem Kellner zu verstehen gibt, er möge das restliche Essen, auch dasjenige ihrer Sitznachbarin, für sie zum Mitnehmen einpacken. Sie scherze nie, wenn es ums Essen ginge. Auf der Heimfahrt im Taxi beobachtet sie zwei Personen, die im Müll nach Essbarem wühlen. Rex Walls (Woody Harrelson) hämmert an die Scheibe. Jeanette ignoriert ihre Eltern und rutscht tiefer in den Sitz.
Ihr lernt, indem ihr lebt! Lasst euch von keinem Doktortrottel etwas anderes einreden.
Rückblende. Jeanette als kleines Kind, das Hunger hat. Die Mutter Rose Mary (Naomi Watts) erklärt ihr, dass ihre Kunst, an der sie gerade arbeitet, beständiger sei als ein flüchtiges Essen, und fordert sie auf, wie gewohnt selbst zu kochen. Diesmal steht das kleine Mädchen auf dem Sessel zu nahe am Herd und ihr Kleid fängt Feuer. Mit Brandwunden wird sie ausnahmsweise ins Spital gebracht, denn die finanzielle Lage der Familie scheint nicht gerade rosig zu sein. Nachdem Vater und Bruder sie mit einem Ablenkungsmanöver wieder aus dem Spital geschleust haben, muss die Familie wieder einmal vor Schuldeneintreibern flüchten. Die Familie hetzt ins Auto und lässt ihren Wohnsitz hinter sich. Eine Situation, die kein Einzelfall bleiben wird.
Zwischen Vergangenheit und Gegenwart
Schauplatz Gegenwart. New York City. Jeanette ist eine erfolgreiche Redakteurin beim New York Magazine, ihr Freund ein erfolgreicher Geschäftsmann. Einziger Streitpunkt: Jeanettes freigeistige, jedoch obdachlose Eltern, die ihr bürgerliches Leben nicht gutheißen. Ein Besuch in dem verlassenen Haus, in dem sich ihre Eltern mittlerweile häuslich eingerichtet haben, soll Anlass sein, um ihre Verlobung bekanntzugeben. Doch die provokante Art des Vaters in Kombination mit Alkohol führt wieder einmal zur Eskalation. Wie bereits in ihrer Kindheit, in der der Vater oft betrunken war, zeigt sich, dass der Familienfrieden vom Enthusiasmus des Vaters abhängt, der rasch in Aggression umschlagen kann, wenn seine visionären Reden als Schwätzerei abgetan wird.
Charakter kann man nicht kaufen
Doch auch Rex Kindheit dürfte nicht die einfachste gewesen sein, wie die vier Geschwister früh erfahren, als sie vorübergehend im Haus der Großeltern wohnen. Denn als Rex und Rose Mary nicht zuhause sind, vergreift sich die Großmutter an Jeanettes kleinem Bruder, und auch alte Tagebucheinträge von Rex geben Aufschluss über seine jugendliche Verzweiflung. Auch wenn er als Erwachsener mit Alkohol- und Aggressionsproblemen kämpft – eines gibt er seinen Kindern stets mit: Dass alles möglich ist, woran man glaubt, und dass man alles hinterfragen und zu seiner eigenen Stärke stehen sollte. So stoßen die erwachsen gewordenen Kinder schließlich zurecht „auf ein Leben mit einem Vater, der nie langweilig war“ an. Denn das Schloss aus Glas ist keine Metapher – so viel sei verraten!
VIENNARAMA-Fazit: Ein ausgezeichneter Film, der nicht zu dramatisch und nicht zu kitschig ist, nicht zu glatt und nicht zu nüchtern. Man merkt, es ist eine Geschichte direkt aus dem Leben, die sich genau deshalb nicht in eine Schublade stecken lässt – was den Film, der mit hervorragender Besetzung aufwartet, in seiner parallelen Erzählweise von Vergangenheit und Gegenwart so spannend macht. Definitv sehenswert!
Schloss aus Glas – ab 22.09. im Kino!
Fotocredits: Constantin Film
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