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Wir starten die Woche mit ein wenig Musik. Genauer gesagt mit David Howald, dessen Musik durch eine außergewöhnliche Stimme besticht. VIENNARAMA hat den Musiker zum Gespräch gebeten und mit ihm über sein neues Album, seine Inspiration und den Stellenwert von Wien in seiner Musik gesprochen.

Du hast eine sehr außergewöhnliche Stimme – war für dich schon immer klar, Musik machen zu wollen?

Danke. Nein, so klar war das mit der Musik anfänglich nicht. Meine erste Leidenschaft galt der Malerei. Musik und Lyrik schoben sich dann im Teenageralter zunehmend wie Gestirne, die ich länger nicht ignorieren konnte, über mich. Eines Tages waren Baudelaire, Radiohead und die Doors die einzigen Dinge, die mich noch wirklich interessierten. Eine Band zu gründen war wohl die einzig vernünftige Konsequenz daraus.

Du bist musikalisch schon ganz schön herumgekommen – denkst du, machen dich all deine (Band-) Erfahrungen zu einem besseren Solokünstler?

Natürlich bringen einen die Begegnungen mit anderen Musikern auf vielerlei Ebenen weiter. Vor allem über sich selbst lernt man dabei einiges. Wenn ich eines mit Sicherheit erfahren durfte, ist es, dass man Musik nicht konstruieren kann, dass man den Leuten letztendlich nicht beibringen kann, was sie zu spielen und zu fühlen haben. Die Summe der Leute in einer Band reagiert im besten Falle zu etwas Höherem, in schlechteren Fällen vermindert man sich zu einer Kompromisslösung. Beide Prozesse können lehrreich sein.

Wann und warum kam der Entschluss, nach deinen Bandprojekten ein Soloprojekt auf die Beine zu stellen?

In meiner ersten Band „Tranqualizer“ habe ich mich von Anfang an als alleiniger Songschreiber herauskristallisiert. Danach blieb das in sämtlichen Formationen so. Doch obwohl ich stets die Funktion des Autors innehatte, hätte ich die meiste meiner Musik nie alleine machen können. Auch auf meinem aktuellen Album sind ja unzählige Künstler beteiligt. Eine klare Trennlinie zwischen Solokünstler und Teamworker gab es bei mir also ohnehin nie.

Wie waren die Arbeiten an deinem Album? Du hast in Wien, Berlin und Basel aufgenommen – wie kam es zum Entschluss, an verschiedenen Orten mit verschiedenen Produzenten aufzunehmen?

In erster Linie haben die Umstände das entschieden. Der Entstehungsprozess dieses Albums war lebendig und kompliziert. Die Idee und der Sound des Albums haben sich im Prozess gewandelt, eine Gefahr, die besteht, wenn etwas über längeren Zeitraum heranwächst. Die Platte hat angefangen zunehmend mehr und mehr Material und Personal in sich zu schlingen, wie ein gefräßiger Abgrund. (lacht) Lange hatte ich noch ein Bein in der Schweiz, ja gar noch eine Band in Zürich, während ich schon in Wien lebte. Dazu kam, dass mein Freund Jari Antti (Anmerkung Redaktion: Produzent) von Basel nach Berlin zog, um dort sein Studio neu zu errichten. Mich fasziniert die Tatsache, dass in gewissen Songs mehrere Vergangenheiten und Räume simultan erklingen. Eine Art Haus der sedimentären Klangschichten könnte man es nennen. Auf der anderen Seite lässt sich ein gewisser Verlust des Spontanen an manchen Stellen nicht ganz leugnen. Das nächste Album werde ich auf jeden Fall wieder live, innerhalb von drei Tagen einspielen. (lacht)

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Wie würdest du jemandem deinen Musikstil beschreiben, der noch nie von dir gehört hat? Im Pressetext fällt das Wort „eigenwillig“, ein Wort, das in der Umgangssprache eher negativ behaftet ist, aber im Ursprung nur „sich im Verhalten und Gestalten stark vom Eigenwillen leiten lassend“ heißt … Wie eigenwillig ist David Howald?

Die Musik auf „The Double“ lässt sich tatsächlich schwer mit einem Genrebegriff beschreiben. Mit dem Begriff Post-Blues habe ich es ansatzweise versucht. Oder aber ich kreiere einen unmöglichen Referenz-Hybriden, um meinen stilistischen Standort ungefähr zu verzeichnen, so wie z.B. „meine Musik ist eine Mischung aus Iggy Pops „The Idiot“, Werner Herzogs „Herz aus Glas“ und der späten Nina Simone.“ Zum zweiten Teil der Frage: Ja, natürlich baut man auf Dingen auf, die schon da sind. Seine Daseinsberechtigung erwirkt man sich jedoch dadurch, dass man mit den gegebenen Mitteln versucht, seine eigene Geschichte zu erzählen. Dies verlangt nach einem Quantum Mut zum Eigenen. Auch wenn dies in manchen Fällen gar nur bedeuten mag, herkömmliche Elemente neuartig zu kreuzen. Aber lediglich auf vorgetrampelten Pfaden zu wandeln – das hätte ja nun wirklich keinen Sinn.

Wien scheint dich in deinem kreativen Prozess sehr beeinflusst zu haben – was macht die Kunstszene in Wien für dich zu etwas Besonderem?

Wien war und ist für mich eine gute Umgebung, um zu arbeiten. Mich beeindruckt wie transdisziplinär die meisten Künstler hier zu Gange sind und welche Gültigkeit und Aktualität auch klassische Disziplinen, wie Dichtkunst und Malerei, hier immer noch haben. Alles in allem scheint mir Kunst im Alltag hier auf angemessene Weise präsent.

Was beeinflusst deine Musik und deine Texte abgesehen von Wien?

Die einfachere Frage wäre wahrscheinlich, was beeinflusst mich nicht. Es scheint fast alles einzusickern und sich in irgendeiner Weise den Weg zurück nach außen, aufs Papier oder auf die Klaviatur, zu bahnen. Zuerst geht es immer darum, intuitiv einen Zugang wahrzunehmen. Da muss nur ein Wort, ein Chord, ein Stückchen Gewebe vorhanden sein und aus dem bastle ich dann den ganzen Dinosaurier (lacht), so wie bei Jurassic Park. Der letzte Song, den ich fertiggestellt habe, handelt zum Beispiel vom Mystiker Georges Gurdjieff und dessen Leben und Lehren. Jedoch erzähle ich das Gedicht über ihn aus meiner Perspektive, und Gurdjieff muss unweigerlich durch den Fleischwolf meiner Erfahrungen und durch Dinge hindurch, die ich schon seit jeher an mir habe. Die Figur Gurdjieff bleibt für mich dabei unabgeschlossen und korrespondiert sowohl stark mit sozialen und politischen Themen meiner Gegenwart, als auch mit meinen ganz persönlichen Ängsten und Begierden. Auf diese Weise kann alles mögliche den Eingang zu einer Songidee oder zu einem Text bieten. Man pickt sich momentan das aus der Welt raus, mit dem man arbeiten und weiterkommen kann.

Was steht in Zukunft an? Wann können wir dich live sehen?

Ich plane derzeit die nächsten Aufnahmen und stelle eine Band zusammen. In letzter Zeit hat sich bei mir einiges an deutschen Liedern angesammelt, vermutlich werden diese nun an der Reihe sein. Der nächste Wiener Gig ist am 24. November in meinem Stammlokal dem „Cafe Nahid“ in Meidling. Danach gehts für zwei Shows in die Schweiz.

Wer mehr über David Howald erfahren möchte, der schaut einfach auf Facebook oder Soundcloud vorbei.

Fotocredits: Priscilla Hasenböhler

 

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