Nachgefragt bei Peter Patak

Corona hat uns alle fest im Griff. Wir haben uns in den letzten Wochen oft gefragt, wie es wohl den vielen Interviewpartner*innen, die wir in der Vergangenheit getroffen haben, und auch allen anderen Kleinbetrieben in Wien geht. Deswegen starten wir eine neue Rubrik. Unter dem Motto „Nachgefragt“ werden wir schlicht und einfach fragen: Wie geht es euch gerade? Begonnen haben wir von VIENNARAMA bei unseren Kooperationspartner*innen. Den Anfang macht Peter Patak von Regionalis. 

Langjährige Leser*innen kennen Regionalis natürlich. Vor über zwei Jahren haben wir Peter schon bei uns vorgestellt. Jetzt wollten wir wissen: Wie geht es Regionalis und all seinen Produzent*innen, die das Team auf dem Online-Marktplatz um sich schart? Eine kurze Auffrischung für alle: Auf Regionalis finden alle Produzent*innen aus den Bereichen Kunst, Handwerk und Kulinarik ihr digitales Markstanderl und bieten ihre Waren zum Verkauf an. Von Naturkosmetik, Kunstdrucken bis hin zum Stofftier findet man hier alles. Alles „made in Austria“, handgemacht und vom Produzenten ums Eck. Damit liegt Peter gerade voll im Trend – wird der regionale Einkauf doch an jeder Ecke gepriesen. Aber liegt er im Trend oder war er dem Trend schon längst voraus? Wir wollen wissen, wie der Regionalis-Gründer diese Entwicklung einschätzt und was sein Blick in die Zukunft verrät. Wir haben gefragt, er hat geantwortet.

Peter, die wichtigste Frage zuerst: Wie geht es dir? Wie hast du die vergangenen Wochen erlebt? Was hat sich in deiner Arbeit geändert?

Mir geht’s sehr gut, etwas müde, weil aktuell sehr viel Arbeit ansteht. Die letzten Wochen waren für alle Menschen eine Herausforderung bzw. eine völlig neue Situation, weil wir so eine Phase oder etwas Vergleichbares noch nie erlebt haben. Es ist klar, dass so viele Leute unsicher sind, weil man aktuell nicht langfristig planen kann, der Lebensalltag sich stark verändert hat und alte Gewohnheiten einfach wegfallen.

Für mich persönlich hat sich wenig geändert: Statt ins Büro zu fahren, gehe ich ins Wohnzimmer arbeiten. Statt Meetings hat unser Team Video-Calls und Konferenzen und deutlich mehr Telefonate. Der Vorteil ist meiner Meinung, dass man sich auf einer anderen Ebene austauscht, und auch die jeweiligen Erfahrungen teilt, wie man mit Corona umgeht etc. An meiner Arbeit hat sich insofern viel getan, als ich momentan deutlich mehr zu tun habe: Aktuell melden sich mehr ProduzentInnen und KundInnen denn je – es gibt also an allen Ecken & Enden mehr zu tun – und das ist ein sehr gutes Zeichen für uns. Arbeitstechnisch ist das Homeoffice, wenn es täglich stattfindet, doch etwas fordernd, da die Grenze von Arbeit und Freizeit schnell verschwimmt, man auch am Abend länger sitzt, weniger leicht abschaltet und ich – leider – auch schon mal beim Essen nebenbei noch schnell was erledige.

Es gibt jetzt viele Initiativen, die versuchen regionale Produzent*innen zu unterstützen. Du predigst bzw. lebst diese Konzept ja schon seit Jahren vor – wie empfindest du diese Strömung? Motiviert es dich, oder bist du auch frustriert, dass viele offensichtlich eine Krise brauchen, um zu diesem Denken zu kommen?

Ich finde es großartig, dass die Menschen auf einmal wirklich beginnen, regionale Betriebe zu unterstützen, bei Unternehmen aus Österreich bestellen und Solidarität zeigen. Ich finde es aber ehrlicherweise auch ein wenig traurig, dass es Corona gebraucht hat, dass vielen Menschen die Augen geöffnet werden: auf einmal funktioniert der freie weltweite Warenverkehr nicht mehr, man bekommt nicht mehr das Produkt aus China drei Tage später per Post – pfeif auf den CO2-Abdruck – und auf einmal merkt man: Hey, die Leute um mich herum verlieren ihre Jobs, wenn wir nicht bei Betrieben aus Österreich kaufen, wo sie arbeiten. Ich bin nach wie vor der Meinung, man soll keine Dinge kaufen, die man nicht benötigt, das widerspricht komplett meiner persönlichen Überzeugung bezüglich Nachhaltigkeit, aber wenn schon, dann bei regionalen Betrieben. Also insofern hat die Coronakrise einen kleinen positiven Aspekt: Denn wo Schatten, da auch Licht – könnte man sagen!

Viele Initiativen finde ich sehr sinnvoll und toll! Beispielsweise die wirklich umfangreichen Onlineverzeichnisse mit Unternehmen, die auch Onlinebestellungen anbieten – gleichzeitig denke ich: Das predigen und machen wir ja schon seit über zwei Jahren! Es ist spannend zu sehen, wie schnell teilweise neue Lösungen und Ideen umgesetzt werden.

Klar sind jetzt auch einige Copy-Cats auf den Markt gekommen, die offensichtlich nur auf den Zug aufspringen wollen, weil es „in“, sexy oder aktuell ist. Es gibt in vielen Bereichen schon länger sehr gute Onlinelösungen für regionale Betriebe – so wie wir im Bereich handgemachte Produkte aus Österreich (Adamah & Ögreissler mit ihren regionalen Gemüsekistln oder auch Nahgenuss) – ob es jetzt für jeden Bereich 20 verschiedene Miniplattformen braucht, sei dahingestellt. Unser Ziel ist es, die kleinen und Familienbetriebe bestmöglich zu unterstützen, das machen wir schon lange und mit viel Freude auch weiterhin. Das breite Netzwerk an talentierten UnternehmerInnen und das vielfältige Angebot mit Produkten „Made in Austria“ kann man halt nicht von heute auf morgen aufbauen und es macht sich jetzt bezahlt, dass wir so lange Vorarbeit geleistet haben.

Was mich nachdenklich stimmt und was ich auch nicht sehr positiv finde ist, dass sehr viele aus der Krise ein Geschäft machen wollen, sich als Retter der österreichischen Unternehmen darstellen und auf die Idee kommen schon bestehende Konzepte zu kopieren.

(c) Regionalis
(c) Regionalis

Wie versucht Regionalis die Produzent*innen in dieser herausfordernden Zeit zu unterstützen?

In dem wir das, was wir schon lange machen, noch intensiver betreiben: die großartigen ProduzentInnen und ihre Produkte den Menschen zeigen! Gemeinsame Appelle starten und noch enger als Regionalis-Team mit den ProduzentInnen zusammenarbeiten. Weil viele kleine Betrieben ergeben in Summe etwas ganz Großes!

Wie ist dein Kontakt mit den Produzent*innen? Ist der Austausch größer geworden? Mit welchen Sorgen wenden sie sich an dich?

Der Austausch ist definitiv stärker und mehr geworden. Ich habe versucht, schon seit Anbeginn einen engen Austausch und guten Draht zu unseren ProduzentInnen zu pflegen. Aktuell melden sich immer mehr auch telefonisch, sei es weil sie Fragen zu Regionalis haben, Unterstützung in welcher Form auch immer benötigen oder auch weil sie über Erfolgserlebnisse oder Ähnliches sprechen wollen. Ich bin da ein bisschen das Bindeglied, bekomme am meisten mit und kann natürlich dann auch Wissen und Erfahrung weitergeben. Wir haben zum Beispiel beim Thema Gesichtsmasken viele Fragen gehabt, sowohl von KundInnen als auch ProduzentInnen, und mittlerweile sind wir da gut unterwegs.

Was können wir als Kund*innen jetzt machen, um kleine Geschäfte und Produzent*innen zu unterstützen?

Da gibt’s ganz unterschiedliche Möglichkeiten: Wenn man ein Produkt benötigt, dann bitte bei einem regionalen Betrieb bestellen. Online am besten auf www.regionalis.shop (lacht). Man kann Gutscheine kaufen und sie später herschenken, man kann aber auch ohne Geld auszugeben helfen: Die Beiträge auf Facebook und Instagram liken, sharen, den Freunden von coolen ProduzentInnen erzählen, positive Bewertungen hinterlassen – oder auch einfach mal einen netten Kommentar schreiben.

Wie sieht deine Zukunftsprognose aus: Denkst du, wenn sich die Lage wieder beruhigt hat, dass sich dieses regionale Denken manifestiert hat und weiter anhalten wird?

Puh, schwierige Frage! Aktuell sehen wir auf Regionalis wirklich starkes Interesse für Produkte aus Österreich und bekommen viel positives Feedback. Ich denke, durch viele zufriedene KundInnen spricht sich das noch mehr herum, also kann sich das schon noch weiter verstärken. Ich glaube, diese Phase ändert unser Verhalten auf vielen Ebenen schon dauerhaft. Wir sehen ja auch, dass Corona sich eigentlich positiv auf die Umwelt auswirkt und somit sichtbar wird, wie stark wir die Welt durch unser Handeln beeinflussen. Die Menschen werden, denke ich, zwar jetzt nicht ewig so weiterleben, aber das ein oder andere aus dieser Phase übernehmen. Ich hoffe für die rund 250 Betriebe auf unserem Marktplatz, dass die Leute weiterhin bei den Hidden Champions bestellen und nicht wieder auf die „Geiz ist geil, egal woher was kommt“– Schiene springen.

Wer auch regionale Produzent*innen unterstützen will, kann einfach online am Marktplatz vorbeischauen!

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