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Nach mehr als einem Jahr der Schaffenspause ist er wieder da. Leopold Toriser, Archäologe, Radiomoderator, Finalist des ORF-Formats „Die große Comedy Chance“, selbsternannter Endzeitclown. Und vor allem Kabarettist mit Leib und Seele. Im Theater am Alsergrund liefert er an drei Spielterminen „Spaß für Geld“. Das ist auch der äußerst pragmatisch klingende Titel seines zweiten Soloprogramms. VIENNARAMA war am Premierenabend live dabei.

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In den Keller lachen
Das Theater am Alsergrund wird in den eigenen Reihen als „kleinste und gemütlichste Newcomer-Kabarettbühne“ bezeichnet Beim Betreten des Kellerlokals kommt uns sofort der Ausdruck „größenwahnsinnig gewordenes Nudelbrett“ für diese Bühne in den Sinn, um es mit Karl Farkas, Leiter des Kabarett Simpl in den 1920er und 30er Jahren, zu sagen. Und gemütlich stimmt auch. Zumal die Premiere von Torisers zweitem Soloprogramm restlos ausverkauft ist und sich die erwartungsvollen Besucher bald mehr als nur bildlich auf die Füße treten.

Nachbesprechung
Das Licht geht aus, der Mann, den alle gespannt erwarten, betritt die Bühne. Er badet kurz im Applaus, begrüßt sein Premierenpublikum mit einer Rechtsbelehrung über verfallende Garantieansprüche– und geht ab, als wäre es das gewesen. Frech grinsend. Zum Glück ist er gleich wieder da und eröffnet die „Nachbesprechung“ dieses angeblich äußerst kurzen Programmes mit weltbewegenden Fragen, wie: Was kostet Spaß? Was ist Unterhaltung wert? Und ist Spaß der gratis ist, auch umsonst?

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In gewohnt haderesker Manier, wortgewandt, nachdenklich und selbstironisch, plaudert Leopold Toriser aus dem Nähkästchen. Hangelt sich von einem Wortwitz zum nächsten, ohne jemals plump zu wirken und macht auch vor nachdenklichen Themen nicht Halt. So droht er machtbedingt kurz dem Wahnsinn zu verfallen, als er die Weltkugel in Händen hält und sinniert, was man mit der Menschheit und ihrer Umwelt aus dieser Perspektive so alles anstellen könnte. Und das globale Zusammenhänge kinderleicht, aber für Erwachsene nun einmal zu trivial wären. In diesem Sinne bietet er Lösungen für wirtschaftliche Probleme rund um die Welt, die unter anderem die Notwendigkeit beinhalten, Eisbären zu rasieren und Wale als Werbefläche zu nutzen.

Doodle it!
Torisers Bühnenausstattung ist minimalistisch, doch darf eines niemals fehlen: der Flipchart! War er im ersten Programm noch sporadisch genutzter Sidekick, tritt der Präsentationsbock diesmal ins Rampenlicht. Schlag auf Schlag untermalt der Künstler seine Wortspiele mit eigens angefertigten Zeichnungen, die in ihrer detailverliebten Einfachheit mittlerweile vermutlich mehr als nur ein Buch füllen würden.

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Kindheitserinnerungen
In der Pause sieht man mehr als nur einen Besucher mit einem infantilen Grinsen im Gesicht zur eingespielten Pausenmusik wippen. Die von Toriser zusammengestellte Playlist besteht nämlich nur aus Titelliedern von Kindersendungen der 80er und 90er Jahre. Warum, das erfährt man direkt nach der Pause, als der Künstler den Zusammenhang zwischen Kinderfernsehen und emotionalem Ballast des Erwachsenwerdens herstellt. Wer sich also gerne mal wieder an den verstörenden Telenovela-Charakter von Niklas aus Flandern oder Perrine erinnern möchte, der ist bei Leopold Toriser in den besten Händen.

Spaß bildet
Zwar setzt Toriser diesmal keine Vorkenntnisse der griechischen Sprache voraus, eine fundierte Allgemeinbildung erhöht den Unterhaltungswert seines Programms aber maßgeblich. Vor allem im naturwissenschaftlichen Bereich tobt sich der Kabarettist gehörig aus, stellt die Tierwelt durch geschickte Buchstabendreher auf den Kopf und illustriert Kadiologenkongresse. So erfährt der geneigte Zuseher unter anderem etwas über die Entstehungsgeschichte der Pawlov’sche Katze und wer den Sitz seiner Gefühle an der Herzklappe abzugeben hat.

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VIENNARAMA-Fazit: Zwar lässt Toriser die langen, aufwändig gesponnenen Geschichten, nach Art seines ersten Soloprogramms, vermissen, aus dem Lachen kommt man dank der eloquenten Salven an doppelbödigen Wortwitzen trotzdem nicht heraus. Gleichzeitig erzeugen sowohl die Lokalität, als auch die authentische Art des Künstlers ein angenehm familiäres Ambiente. Dadurch fühlte sich anscheinend vor allem die erste Reihe ermuntert, Toriser regelmäßig ins Wort zu fallen, ein Umstand mit dem der Newcomer erstaunlich souverän umzugehen und die eine oder andere Wuchtel auf Kosten des Publikums aus dem Ärmel zu schütteln weiß.

Freunde geistreicher Kleinkunst können am 15. März und 12. April noch im Theater am Alsergrund zu Leopold Toriser in den Keller lachen gehen. „Spaß für Geld“ ist dabei das Mindeste, was sie zu erwarten haben.

Wer mehr über den Kabarettisten wissen möchte, sollt auf seiner Homepage oder Facebook vorbeischauen.

Fotocredits: Anwora

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