Wort am Sonntag

Jeder hat eins. Jeder will das Neueste. Und wer keines hat, der wird schnell einmal schief angeschaut. Das Handy und insbesondere das Smartphone unterstützt uns im Alltag und unterhält uns in der Freizeit. Doch wann wird es zum Wahn? Bei Hannah und Marlene gehen die Meinungen in diesem Wort am Sonntag deutlich auseinander. Oder doch nicht? Das dürft ihr entscheiden!

 

Pro: Hannah – God save the Smartphone

Handywahn. Welch perfektes Thema für Marlene und Hannahmich. So schnell wurden beim Wort am Sonntag noch nie „Pro“ und „Contra“ verteilt. Denn während Marlene mit ihrem vorzeitlichen Todesprügel-Handy durch die Welt spaziert, haben ich und mein Smartphone eine enge Beziehung. Sie ist nicht so eng, dass ich es getauft und einen Spitznamen für mein Handy habe, aber ich liebe Smartphones und die Möglichkeiten, die sie bieten. Lost in Vienna. Kein Problem. Mein Handy sagt mir den Weg. Bruder und Schwägerin in London. Kein Problem. WhatsApp und Skype lassen uns glauben, dass sie gar nicht so weit weg sind. Kein Platz für eine Kamera. Brauch ich gar nicht. Smartie macht es möglich. Ich liebe es, dass ich dauernd online sein kann und Informationen aus dem World Wide Web saugen kann. Ich liebe es, dass ich Menschen, kurz nachdem ich sie kennengelernt habe, schon auf Facebook stalken kann. Hupsi. Jetzt ist es raus. Oft frage ich mich, wie wir das früher nur alle gemacht haben. God save the Smartphone.

Doch bei allen positiven Seiten, kenne ich natürlich auch die Schattenseiten. Immer erreichbar sein. E-Mails unterwegs lesen und beantworten. Böse Nachrichten à la „Ich hab gesehen, dass du die Nachricht gelesen hast, wieso antwortest du nicht?“ Smartphones haben es schwer gemacht sich rar zu machen und einmal abzuschalten. Auch ich wurde nervös, wenn ich jemandem geschrieben habe und nicht sofort eine Antwort bekommen habe. Oh Gott – hab ich etwas falsch gemacht? Ist die Person böse auf mich? All das ist wahnsinnig und ungesund. Das habe ich Gott sei Dank erkannt. Und die Weisheit des Alters hat mich gelehrt: Ich muss nicht immer erreichbar sein, sofort antworten und immer up-to-date sein. Trotzdem liebe ich es stundenlang durch Instagram zu scrollen, Facebook unterwegs zu lesen und frühmorgens meinem Bruder einen schönen Tag nach London zu wünschen. Und auch Snapchat konsumiere ich leidenschaftlich. Das mag manch einer auch für zu viel halten. Ich nicht, ich liebe es und es erhellt mein Leben. Und mir ist sicher noch nie bei meinem Abend-Instagram-Ritual vor Schläfrigkeit das Handy ins Gesicht gefallen. Noch nie. Zumindest weniger als fünf Mal.

Contra: Marlene – Smart? Hinterfragungswürdig.
meAusgangssituation: Ich bin stolzer Besitzer eines Nokia 3310. Oder besser gesagt: Stolzer Benützer. Denn zuhause rumkugeln haben es viele, das erste Snake 2-Handy. Noch ohne Farbdisplay, dafür ebenso gut als Vorschlaghammer oder Selbstverteidigungswaffe zu gebrauchen. Vorausgesetzt man hat „den Prügel“, wie ich mein Handy liebevoll nenne, bei einem Angriff in der Hand. Denn – und nun kommen wir endlich zum Thema – das hat man nicht oft. Mit dem Nicht-Smartphone kann man nämlich (dankenswerterweise, wie ich meine) genau drei Sachen tun: Telefonieren, SMS schreiben oder Snake spielen. Und nachdem meine Snakezockerphasen schon ein paar Jährchen zurückliegen, sieht man mich wirklich nur zwecks reinem Kommunizieren zum Handy greifen.
Und wie sehr ich es liebe! Wenn Freunde, mit denen ich zum Essen oder Trinken verabredet bin, im Gespräch immer wieder innehalten mittels einem nicht einmal zu Ende gesprochenen „Wart, da muss ich kurz…“, dann beobachte ich seelenruhig die Außenwelt (sofern Fenster vorhanden), das Interieur (sofern Dekorationselemente vorhanden) und andere Lokalitätsbesucher (sofern vorhanden und in Gespräch oder Handy verwickelt).
Ich gebe zu, auch ich hatte eine mittelfristige Liaison mit den aalglatten Allroundzeiteinnehmern. Und wie ich süchtig war! Keine freie Minute verging, in der ich nicht Facebook inspiziert oder mit allerlei Bekanntschaft auf WhatsApp Unwichtigkeiten austauschte. Heute bin ich froh. Denn niemand schreibt mir ein in die Luft geworfenes „Was treibstn?“ und bastelt dann eine Voodoopuppe, wenn ich nicht sofort zurückschreiben kann und im weiteren Tagesverlauf einfach vergesse. In der U-Bahn lese ich ein Buch oder beobachte die Mitfahrer, während ich meine Lieblingsmusik höre (auf meinem MP3-Player versteht sich) und wenn ich irgendwo einmal gar kein Medium zur Hand habe, dann schaue ich oder schaue ich in mich hinein und denke.

Dank dem Vergleich, den ich von meiner Smartphone-Zeit zu meiner Nokia-Altbau-Zeit ziehen kann, kann ich für mich behaupten wieder mehr bei mir zu sein, was mir in stressigen Zeiten den einzig sicheren Rückhalt bietet. Den meiner selbst. Danke Nokia ­– für mich wirst du immer unzerstörbarer Marktführer bleiben.

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