Ausstellungsplakat Schatz & Hauser

Ein Mann mit Ballons, eine Frau mit Kind. Das Ausstellungsplakat des Wien Museums strahlt in leuchtenden Farben und erhellt damit düstere U-Bahn-Stationen. Grund genug für VIENNARAMA-Chefredakteurin Marlene den österreichischen Künstlern dahinter, Otto Rudolf Schatz und Carry Hauser Zeit und Aufmerksamkeit zu spenden. Aber lest selbst!

 

Im Zeitalter der Extreme

Der Subtitel der Ausstellung ist keine Floskel – das merkt man schnell. Schon im ersten Raum der Ausstellung wird man mit der Aufarbeitung der traumatischen Erlebnisse der beiden Künstler im 1. Weltkrieg konfrontiert. Jung und motiviert hatten sich sowohl Carry Hauser (geb. 1895) als auch Otto Rudolf Schatz (geb. 1900) freiwillig gemeldet. Und kehrten desillusioniert vom wahren Angesicht des Krieges zurück.
So zeigt das Bild „Im Rachen des Krieges“ (Schatz) einen Menschen, der inmitten von Explosionen sitzt. Sein Gesicht allerdings ist nicht furchtverzerrt, sondern irre – eine Dummheit liegt in seiner Mimik, die anzeigt, dass er die Eindrücke nicht mehr verarbeiten kann und den Sinn verloren hat. Das „Kriegsopfer“ von Hauser hingegen zeigt den vom Krieg zerfurchten Menschen. Die Haut des Gesichts ist verhärmt und erinnert an Gehirnstrukturen. Die Augen sind von einer schwarzen Brille verdeckt, die eine Leere bzw. einen Abgrund konstruiert. Ein Mundwinkel ist nach oben, der andere nach unten gezogen, doch es wirkt nicht unnatürlich. Ein Zwiespalt, der vielleicht nie überwunden werden kann.

Kampf, O. R. Schatz, 1922
O. R. Schatz, Kampf, 1922

 

Die Großstadt und ihr Verbrechen

Dem Expressionismus ihres frühen Künstlerschaffens, das von ihren Jahren an der k. k. Kunstgewerbeschule (heute: Angewandte) geprägt worden war, folgte in den 1920er Jahren die Verarbeitung neuer Eindrücke.
Die Großstadt fällt über sie her: Verbrechen, Prostitution und die Industrialisierung in all ihren lauten und harten Facetten werden zum Motiv. Aber auch die Frau bleibt weiterhin im Fokus – in diesem Kontext vorwiegend als Opfer, Prostituierte oder hinterlistige Versuchung dargestellt. Dem gegenüberstehend finden sich bei Hauser, für den der katholische Glaube nach dem Krieg eine zentrale Rolle spielte, immer mehr Madonnendarstellungen. Aber auch die Pornografie der damaligen Zeit kommt nicht zu kurz: So wird man bei Schatz auch mit etlichen „erotischen Szenen“ bedient. Letzterer wandte sich von der Kirche ab und fand Gleichgesinnte im Sozialismus, für die er auch etliche Illustrationsgrafiken anfertigte.

Carry Hauser, Das Buch von der Stadt, 1921
Carry Hauser, Das Buch von der Stadt, 1921

 

„Man muss mit den Farben malen, die man gerade hat – das war ja mein Leitsatz immer schon“ (Carry Hauser)

Man möchte meinen, einen Weltkrieg zu erleben sei genug an Trauma. Schatz und Hauser hatten das Schicksal, beiden hautnah zu sein. Der zweite Weltkrieg brachte ihnen nun jedoch die passive Rolle der Verfolgten ein, da ihre Frauen jüdischer Abstammung waren. Während Schatz nach Prag flüchtete, trieb es Hauser in die Schweiz. Die Rückkehr nach dem Krieg gestaltete sich jedoch als größere Herausforderung als angenommen. Neben dem psychischen Trauma kamen existenzielle Ängste hinzu: Es gab keinen funktionierenden Kunstmarkt mehr. Die Bilder dieser Zeit erzählen ein weiteres Mal vom Kriegsalltag. Bei Schatz reiht sich „Care-Paket“ an „Zerstörter Kai“ und „Flucht aus Wien“. Auch Hausers Werk dieser Zeit dreht sich um Flucht und Heimkehr, partiell in dadaistischer Manier.
Die ersten Aufträge erhalten die beiden in den 50er-Jahren in Form von Illustrationsgrafiken. Sie sind geprägt von einer langsam wieder aufblühenden Lebensfreude, einem Optimismus, der verloren schien. Heute zeugen zudem noch Mosaike an Gemeindebauten von ihrer letzten Schaffensepoche. Diese wurden infolge der Kunst-am-Bau Projekte der Stadt gefördert und sind heute beispielsweise noch in der Pfenninggeldgasse, 1160 Wien (Schatz) und in der Simonygasse, 1180 Wien (Hauser) zu bestaunen.

 

VIENNARAMA-Fazit: Eine sehr interessante und absolut sinnvolle Gegenüberstellung von zwei eher unbekannten österreichischen Künstlern. Spannendes Detail am Rande: Die Mosaike an Gemeindebauten, die heute noch zuhauf zu sehen sind, wurden als lange Tonstreifen produziert und mussten in mühsamer Feinarbeit mit der Zange einzeln in Form gezwickt werden! Ein letzter Tipp: Wer schon vorab weiß, dass die Bildbeschreibungen auf einer Holzleiste am Boden angebracht sind, ist klar im Vorteil!;)

Befreiung Österreichs, Carry Hauser, Wandmosaik in der Simonygasse, 1180 Wien

 

O.R. Schatzer & Carry Hauser
28. 01.2016 bis 16. 05.2016
Wien Museum
Karlsplatz 8
1040 Wien
Weitere Informationen

 

Foto-Credits: Wien Museum (Klaus Pichler), artnet.de

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