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Kulturräume selbst gestalten, Hemmschwellen abbauen und Geschichten erzählen – das ist das Ziel von Katja Teuchmann. Mit ihrer Plattform „eastwest4us“ will sie Geschichten aus dem Nahen Osten und Europa vermitteln und erlebbar machen. Wir von VIENNARAMA haben die sympathische Frau hinter dem Projekt getroffen, um übers Reisen und die Faszination der arabischen Kultur zu sprechen.

Was für ein Projekt versteckt sich hinter dem Namen „eastwest4us“?

East-West spricht den Nahen Osten und Europa an und 4us soll verdeutlichen, dass wir die Möglichkeit ergreifen, die Beziehungen zwischen den Kulturräumen selbst zu gestalten. Derzeit ist alles überlagert von politischen und religiösen Motiven und die Menschen sind dort wie da weit in den Hintergrund gerückt. Das Projekt möchte Geschichten von der Normalität von Menschen erzählen, die so wie du und ich in diesem großen geografischen Raum leben. Wir lassen derzeit zu viel Potenzial wirtschaftlich wie kulturell dadurch brachliegen, dass wir zu wenig voneinander wissen. Wer weiß hier zum Beispiel, was Jugendliche derzeit in den Vereinigten Arabischen Emiraten oder in Tunesien bewegt? Über Projekte sollen Hemmschwellen abgebaut werden. Ob im Tourismus, der Kunst oder bei gemeinsamen Lernprojekten – durch Zusammenarbeit beginnt eine ganz andere Ebene des Verstehens.

Wie bist du auf die Idee gekommen eine Plattform zu gründen? Was hat dich inspiriert?

Mich haben Reisen und meine langen „Sprachlernaufenthalte“ in den Ländern inspiriert. Die arabische Kultur hat mich von der ersten Begegnung an fasziniert. Das war in der großen Wüste Omans. Seitdem versuche ich die Sprache zu erlernen, da sie der Schlüssel für ein tieferes Verständnis ist. Die Idee für das konkrete Projekt kam, da ich in allen Ländern des Nahen Ostens das Gefühl hatte, etwas völlig Neues für mich zu entdecken und von den Reaktionen, die ich zu Hause ernte, weiß ich, dass das Unwissen verbreitet ist. Das Gleiche gilt auch umgekehrt, die Vorstellungen über die EuropäerInnen sind teilweise extrem verzerrt.

Wer steckt hinter dem Projekt – stelle dich doch bitte für unsere LeserInnen ein wenig vor!

Ich habe viele Jahre in der internationalen Unternehmensberatung gearbeitet, meine Ausbildung erfolgte in der Wirtschaftspsychologie. Ich habe mich viel mit Themen des Talentemanagements und der Organisationsentwicklung beschäftigt. Doch dann kam der Zeitpunkt, als ich beschloss, noch einmal etwas ganz Neues zu probieren, man lebt schließlich nur einmal. Die Arabische Welt und der Iran sind für mich faszinierend, ich habe dort sehr viel gelernt. Meine Passion ist Wüstenwandern, im Nahen Osten gibt es die schönsten Dünenlandschaften. Ich hätte mich aus feministischer Perspektive sonst nicht mit diesem Kulturraum beschäftigt. Heute bin ich dafür sehr dankbar, denn ich lerne auch als Feministin dort sehr viel über mich und meine Herkunft. Vieles, das hier verloren scheint, habe ich dort gefunden. Das sind vor allem auch Werte wie Gastfreundschaft oder sozialer Umgang miteinander.

Building bridges – wie genau möchtest du kulturverbindend wirken?

Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass am ehesten konkrete, gemeinsame Erlebnisse verständnisfördernd und erweiternd wirken können. Ich habe das Gefühl, dass wir hier im Westen derzeit an Grenzen stoßen und uns Fragen stellen, die andere viel besser als wir lösen. Dort, wo es nicht vordergründig immer nur um Effizienz und Effektivität geht. Das Potenzial sehe ich in speziellen Tourismusprojekten, in der Kunst und auch in der Wirtschaft. Gemeinsames Lernen wirkt kulturverbindend.

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Wieso ist es gerade heutzutage so wichtig Kulturen zu verbinden und was können die beiden Kulturen voneinander lernen?

Die Trennung unserer Kulturen war immer eine künstliche. Die Definition des „Anderen“ ermöglicht oft erst die eigene Identität zu stärken. Ich glaube also, dass wir durch die Trennung Ost und West vieles verlieren, und zwar auf beiden Seiten. Unsere Kultur in Europa ist erst durch die Errungenschaften aus dem alten Persien und arabischen Ländern aufgebaut worden und zur Blütezeit gelangt. Von der Schrift bis zu den Wissenschaften haben wir im Westen profitiert und abgekupfert, was andere mit uns frei geteilt haben. Deswegen glaube ich an den Austausch, aber nicht durch Enteignung, sondern durch ein Zusammenspiel der Ressourcen. Wir alle suchen nach dem guten Leben. Da gibt es keine Grenzen.

Wie denkst du kann jeder von uns im Alltag solche Berührungspunkte, wie du sie beschreibst, schaffen?

Ganz einfach durch unvoreingenommenes Miteinanderreden und direkten Kontakt. Zumeist agieren wir aufgrund von Vermutungen und nicht aufgrund von konkreten Erfahrungen. Das kann durch den Besuch eines orientalischen Restaurants genauso passieren wie durch das Lesen eines Buches oder das Hören von Musik, die uns vielleicht zunächst fremd erscheint.

Was fasziniert dich besonders am Nahen Osten? Gibt es eine besonders schöne Reisegeschichte, die dir in Erinnerung geblieben ist?

Die Liste wunderbarer Erlebnisse ist lang und jede Begegnung hat mir vor Augen geführt, wie verschlossen wir inzwischen im Westen geworden sind und uns von offener Gastfreundschaft entfernt haben. In Al-Salt, einer schönen alten Stadt im Norden Jordaniens, bin ich mit einer Freundin über kleine Gässchen den Berg hinaufgestiegen, bis wir an einem Zaun anstanden und nicht mehr weiterkonnten. Da es sehr heiß war und wir unbedingt von oben auf die Stadt schauen wollten, sprangen wir kurzentschlossen in die Einfahrt eines Hauses und schlichen uns hinaus. Dort erwartete uns ein höflicher Herr und erklärte uns, dass das gesamte Areal auf der Seite dieses Berges einem Scheich gehört und er sitze gerade in dem alten Haus weiter oben bei einer Besprechung und möchte uns sicher gerne kennenlernen. Nachdem wir anstandshalber drei Mal höflich ablehnten, war ich neugierig genug, um Ja zu sagen. Am Ende saßen wir auf der Terrasse einer arabischen Villa hoch oben über der Stadt, bekamen Datteln, frische Früchte und vieles mehr und betrachteten gemeinsam mit der Familie die schönen alten Häuser. Da stellte ich mir vor, ich dringe unerlaubt in den Privatbesitz einer österreichischen Familie ein, werde dann von der gesamten Familie empfangen, bewirtet und mit dem Chauffeur zur Bushaltestelle gebracht. Traum oder Film?

Du hast eine Crowdfunding-Kampagne gestartet – was hat dich dazu bewegt, diesen Schritt zu wagen? Was sind deine Hoffnungen?

Ich möchte die Idee der Internetplattform, die Brücken baut und Kulturen verbindet, einem größeren Publikum zugänglich machen. Zusätzlich benötige ich finanzielle Ressourcen, um eine erste Version der Plattform technisch, grafisch und inhaltlich zu realisieren. Danach möchte ich sie auch ins Arabische übersetzen, damit es zu einem tatsächlichen Austausch kommen kann. Meine Hoffnung ist, dass ich zusätzlich zum Fundingziel auch Feedback bekomme, was speziell UserInnen interessiert. Deshalb gibt es von omanischen Datteln über Aquarellbilder von Jordanien bis zu Omanreisen eine breite Palette an Dankeschöns zu erwerben.

Wie sieht die Zukunft von „eastwest4us“ aus?

Im Juli wissen wir, ob wir das Geld für die Plattform bekommen haben. Dann können wir mit der Programmierung starten. Zusätzlich möchte ich erste Kontakte für die inhaltliche und redaktionelle Gestaltung aufbauen und nutzen. Ab Winter soll die Plattform grob realisiert sein, sodass ich sie potenziellen PartnerInnen in Europa und im Nahen Osten zeigen und KooperationspartnerInnen suchen kann.

Mehr Infos findet ihr auf der Website von eastwest4us oder direkt bei der Crowdfunding-Kampagne.

 

Fotocredits: Sybille Dremel

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