vertigo

Sonntag ist’s. Der richtige Tag, um sich etwas Kultur zuzuführen. Oder wie in diesem Fall extravagante Illusionen. Denn „Vertigo. Op Art und eine Geschichte des Schwindels 1520‒1970“ ist alles andere als eine gewöhnliche Ausstellung. Wir haben uns ins mumok aufgemacht, um für unsere VIENNARAMA-Leserschaft zu berichten.

Eine düstere Vorschau

Schon wenn man das mumok betritt, kann man erahnen, was einen erwartet. Denn die ersten Bilder der Ausstellung „Vertigo“, die sich über zwei Etagen erstreckt, sieht man schon durch die Glaswand im Erdgeschoß. Op Art. Das ist eine Bewegung, die sich Mitte der 1950er etablierte. Kunst, die mit unserem Sehsinn spielt, diesen mit verschiedenen Strategien verwirrt oder gar überfordert, Illusionen erzeugt und uns täuscht. Dazu passen die dunkel ausgestrichenen Räumlichkeiten, die alles in ein diffuses Licht rücken.

Richard Anuszkiewicz - Convex and Concave, 1966
Richard Anuszkiewicz – Convex and Concave, 1966

Zerfall & Ordnung

Wir sagen’s wie’s ist. Wir fühlen uns ein bisschen so, als wären wir in eins der Bücher gefallen, die 3D-Illusionen erzeugen, wenn man seine Augen schielend auf die wilden Muster ausrichtet. Nur dass hier eine breitere Bandbreite herrscht. Spiralen, das Spiel von konkav und konvex, bewusst eingesetzte Farbeffekte, verschiedene schillernde Materialien, Strukturen, die uns hinters Licht führen und Kippmomente – all das fällt auf unser Auge ein. Aber dazwischen finden sich auch Gemälde, die auf den ersten Blick eine Landschaft, auf den zweiten ein Gesicht offenbaren.

Nach Johann Christian Vollaert - Anthropomorphe Landschaft, 1750
Nach Johann Christian Vollaert – Anthropomorphe Landschaft, 1750

Vielfalt im Bild

Unterschiedlicher könnten die Bilder auf jeden Fall nicht sein. Mal eine Figur, die einem, egal wo man steht, in die Augen zu schauen scheint, mal Reißnägel, die wie schwarze und weiße Punkte angeordnet sind, dann wieder ein Heiligengemälde, das (wie ein Kippbild) von der einen Seite vermutlich Jesus und von der anderen Seite vermutlich Maria zeigt. Dazwischen findet sich ein Metallmosaik, ein Bild, das dank roter Linien auf dunklem Hintergrund wie ein Foto von einer Lasershow aussieht und eine Zeichnung, die ein Gewirr von Treppen und Säulen zeigt, die schwer auseinanderzuhalten sind.

Giovanni Batista Piranesi - Der gotische Bogen, aus der Serie Carceri d'invenzione (Architekturfantasien eines Kerkers), 1761
Giovanni Batista Piranesi – Der gotische Bogen, aus der Serie Carceri d’invenzione (Architekturfantasien eines Kerkers), 1761

Vom Schatten ins Licht

Im zweiten Stock geht es weiter. Hier sind vor allem Räume, Installationen und Skulpturen angesiedelt. Riesige, abwechselnd schwarz-weiße Kreise bilden einen eingebildeten Sog auf dem Fußboden. Verzerrte Bilder zeigen sich erst in einem spiegelnden Zylinder oder Kegel, der in der Mitte auf dem Papier steht. Ein Raum, in dem mit Licht geometrische Figuren an die Wände geworfen werden, so dass man das Gefühl hat, man ginge durch sich bewegende Vierecke. Und nicht zuletzt Skulpturen, deren Schatten ein neues Kunstwerk offenbaren oder die durch Bewegung und Licht entstehen.

Marina Apollonio - Dinamica Circolare 4S, 1968/2019
Marina Apollonio – Dinamica Circolare 4S, 1968/2019

 

VIENNARAMA-Fazit: Eine wilde Ausstellung, die nichts für schwache Nerven ist. Nicht umsonst gibt es Warnhinweise an den Wänden. Wer täuschungsresistent ist und optische Illusionen gut verkraftet, dem wird diese Ausstellung sicher Freude bereiten. Für alle anderen: Lieber Finger (oder besser: Augen) weg davon!

Vertigo – zu sehen bis 26. Oktober 2019 im mumok!

Museumsplatz 1
1070 Wien
Montag: 14.00-19.00 Uhr
Dienstag bis Sonntag: 10.00-19.00 Uhr
Donnerstag: 10.00-21.00 Uhr

Weitere Informationen

Fotocredits: Marlene Winter

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