Maria Lassnig. Zwiegespräch.

Die Albertina dürfte sich derzeit den österreichischen Künstlern verschrieben haben. Neben Eduard Angeli dürfen wir darum gerade auch das Lebenswerk von Maria Lassnig beäugen. Drei Jahre nach ihrem Tod erfahren wir nun mehr über ihr Leben. Wie ein „Selbstporträt als Playboychair“ aussieht? VIENNARAMA weiß mehr.

„Als ich in meiner Malerei müde wurde…“
…fand Maria Lassnig zum Ausgangspunkt ihres unverwechselbaren Stils. Der eigene Körper als Wohnung, und wie sie ihn und einzelne Körperteile in gewissen Positionen und Situationen erfühlt, wird fortan in innovativen Selbstportraits auf Papier gebracht. Ob als löchriger Käse- oder Würfelkopf („Realitätsproblem“, 1967), „Fettes Selbstporträt“ (1958) oder „Selbstporträt als Playboychair“ (1969, siehe Vorschaubild) – Maria Lassnig malt sich selbst und ihr Empfinden. Gnadenlos. Brutal.

Realitätsproblem, 1967
Realitätsproblem, 1967

Farbe und Form
Wenn sie nicht gerade mit Bleistift Feinstheiten aus sich herauszeichnet oder mit Ölkreide eine starke Linie setzt (1951/1952), dann kann man die Farbe als Emotionsausdruck nicht ignorieren. Knallgelb ist der Hintergrund mehrerer Selbstporträts, die sie entweder mit Tieren („Das Wiesel und der blöde Mensch“) oder sich selbst („Double autoportrait sans pitié“, 1999) zeigen. Die leidenschaftliche Fernsehkonsumentin thematisiert aber auch die Technologie schonungslos – wie etwa in „Fernsehsex“ (1976), in dem der Fernseher kopflosen Körpern im Schritt Vergnügen verschafft.

Camera Cannibale, 1998
Camera Cannibale, 1998

„Was mir beim Wort ,Liebe‘ einfiel…“
Maria Lassnig befragt sich selbst, sieht dorthin, wo sie mit ihren Augen nicht hinkommt – und malt sich ihre eigenen Gefühle und „Body Sensations“ auf. Die Werktitel sind Erklärung, dann Wortspiel, dann wieder Metagedanke: Als „Camera Cannibale“ (1998) blickt uns somit ein zum Fotoapparat gewordenes Menschengesicht entgegen, „6 Gesichtsgefühlsabdrücke“ (1979) erklären Farb- und Formvariationen, und mit „Ein Aquarell ist wie eine Liebesbeziehung: Nachträgliche Verbesserung unmöglich“ (1989) philosophiert sie mit uns über ihr Leben und Tun.

Auditus Auditor, 1996
Auditus Auditor, 1996

Mutter, Vati & die Illusion von meiner Tierfamilie
Da sie ihren Vater nie kennengelernt hat, malt sie ihn – wie auch ihr Hüftbecken („Hüftbeckenselbstportrait“, 1971) – so, wie sie sich ihn bzw. es vorstellt. Ob in „Vati & ich“ (1965, Aquarell) kubistisch-expressionistisch, in rot, grün und gelb, oder verträumt-realistisch vor einer paradiesischen Landschaft, mit erkennbar gütiger Miene. Der Tod der Mutter trifft sie doppelt schwer. Und da die Kunst ihren Aussagen nach sehr eifersüchtig ist, und man sich ihr darum voll hingeben muss, ist die ausbleibende Familie immer wieder erahnbar: in ihrer Liebe zu Tieren, Notizen zur Liebe und nicht zuletzt dadurch, dass das Selbstporträt ein alleinstehendes Selbstporträt bleibt. Egal in welcher Ausformung.

Ohne Titel (Schreiende), 1981
Ohne Titel (Schreiende), 1981

VIENNARAMA-Fazit: Wir waren nie ein großer Fan der Lassnigschen Bilder. Die Albertina schafft es aber, uns den Menschen und seine Gefühlswelt so nahe zu bringen, dass wir ihre Bilder nun verstehen und nachempfinden können. Wer sich ein umfassendes Bild von der österreichischen Künstlerin machen möchte, der sollte diese Chance nützen. Hier wird ein Leben in Bildern erfahrbar, wie es wohl so bald nicht wieder geschehen wird.

Maria Lassnig – Zwiegespräche zu sehen bis 27.08. in der Albertina!

Albertinaplatz 1
1010 Wien
Täglich 10:00-18:00
Mittwoch: 10:00-21:00

Weitere Informationen

Fotocredits: Marlene Winter

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