Das Fenster zum Hof, Alfred Hitchcock, 1954 (Anonym)

Wie schön ist es, sich in der kalten Jahreszeit einzumummen und alte Filme zu schauen! Das dachte sich vielleicht auch die Albertina und widmet der Ära der Film-Stills eine ganze Ausstellung. Was euch abgesehen von Marilyn Monroe’s fliegendem Röckchen erwartet, hat VIENNARAMA für euch in Erfahrung gebracht.

 

Was sind Film Stills?
Wir können nicht alles wissen. Aber wir können alles lernen! Und so lernen wir schon durch den Ausstellungstitel, dass die Kinoplakate von heute früher einen ganz anderen künstlerischen und narrativen Anspruch setzten. Und einen eigenen Namen haben: Film-Stills. Natürlich kennen wir das berühmte Bild von Marilyn Monroe’s kokettem Rocklüften und haben uns tatsächlich schon einmal gewundert, wo diese Szene denn nun im Film „Das verflixte 7. Jahr“ zu sehen sei! Aber manchmal muss einem eben erst die Antwort vorgesetzt werden, damit man sich der Frage bewusst wird. Im Parterre der Albertina tauchen wir also in den facettenreichen Begriff der Film-Stills ein, der weit über ein plakatives Filmsujet hinausreicht.

Das verflixte siebente Jahr, Billy Wilder, 1954 (by Sam Shaw)
Das verflixte siebente Jahr, Billy Wilder, 1954 (by Sam Shaw)

Photography Meets Film
„Fotografien zwischen Werbung, Kunst & Kino“ lautet der Untertitel der Ausstellung. Hier treffen also zwei Medien aufeinander: Film und Fotografie. Dass auch berühmte Fotografen anfangs mit Film-Stills ihre Brötchen verdienten, überrascht uns im ersten Moment, macht aber Sinn, wenn man bedenkt, dass die Werbefotografie auch heute noch eine wichtige Verdienstquelle darstellt. Film-Stills waren schließlich nichts anderes als Werbematerial – quasi die Kino-Review, die wir heute bequem googlen können. Ohne viel Text und in Anbetracht dessen, dass ein Kinobesuch lange Zeit als Luxusvergnügen galt, mussten diese einen bleibenden Eindruck hinterlassen. So wurden bei bekannteren Schauspielern (teils stark retuschierte) Porträts – wie jenes von Marlene Dietrich in perfekter Teilbeleuchtung für „Shanghai Express“ (Josef Sternberg, 1932) – zur Bewerbung herangezogen.

Metropolis, Fritz Lang, 1927 (by Horst von Harbou)
Metropolis, Fritz Lang, 1927 (by Horst von Harbou)

Romantik, Horror, Sex
Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass sich die Auswahl der Bildthemen, die zum Verkauf anregen sollten, nicht großartig verändert haben. Die Werbepsychologie bedient sich nunmal unserer ältesten Gehirnregionen, die sozusagen automatisch reagieren. Und so starren wir beispielsweise gebannt auf die von hinten beleuchteten, kolorierten Transparentfolien zu „Metropolis“ (1927). Von Horst von Harbou perfekt in Szene gesetzt, können wir uns gut vorstellen, dass die Darstellungen einer verkabelten Frau in gläserner Röhre oder der metallene Menschenkörper vor einem Satansstern für Neugier gesorgt haben müssen. Aber auch surreale bzw. phantastische Motive versprechen ein Spektakel: Planeten und schwebende Gottgestalten („Die Reise zum Mond“, 1907) oder die imposanten, ägyptischen Paläste von „Sodom und Gomorrha“ (1922) beschäftigen den damals wenigen medialen Reizen ausgesetzten Geist.

Psycho, Alfred Hitchcock, 1960 (by Bud Fraker; zugeschrieben)
Psycho, Alfred Hitchcock, 1960 (by Bud Fraker; zugeschrieben)

Still Image vs. Moving Image
Die bewegten Szenen einer komplexen Filmerzählung in ein stilles Arrangement zu bannen um anzuregen, aber auch nicht zu viel zu verraten, stellen wir uns als immense Herausforderung vor. Nichtsdestotrotz fanden die Fotografen immer wieder neue kreative Wege, um das Publikum an die Kassen zu locken. Das Bud Fraker zugeschriebene Film-Still von „Psycho“ (1960) versetzt in Spannung, ohne dass man sofort weiß, warum: zu sehen sind nur ein leerer Schaukelstuhl und drei Personen im Spotlight, die einzig mit Blicken sprechen. In „Berlin – die Sinfonie der Großstadt“ (1927) wurde versucht, der progressiven Machart des Filmes (viele, rasche Schnitte & Perspektivenwechsel) durch Fotomontage gerecht zu werden. So baumeln hier nackte Frauenbeine vom oberen Rand des Bildes, während ein Zug darunter durch die Lüfte zischt – ein Himmelsschauspiel über den befahrenen Straßen Berlins.

Die Sinfonie der Großstadt, Walther Ruttmann, 1927 (Anonym)
Die Sinfonie der Großstadt, Walther Ruttmann, 1927 (Anonym)

In der Drehpause
Die Fotografie war nicht immer so ein handliches Hobby wie heute. Bis in die 1950er Jahre wurden große Plattenkameras eingesetzt, die eine hohe Belichtungszeit in Anspruch nahmen. Szenen während des Filmens abzulichten war demnach ein Ding der Unmöglichkeit. Die Lösung? Nachgestellte Szenen in der Drehpause, die oft neu komponiert werden mussten und so im Film nicht zu sehen waren. Drei Personen in „Das Cabinet des Dr. Caligari“ (1920), zwischen denen eine Wand steht, sind daher trotzdem zeitgleich zu sehen. Die Einführung von Kleinbildkameras, die auch während der Dreharbeiten verwendet werden konnten, war schließlich revolutionär. Was uns in Erinnerung bleibt, sind allerdings oft Film Stills, die eigens für das Publikum kreiert wurden, und teils berühmter sind als die Filme selbst. In diesem Sinne: Audrey Hepburn und Marilyn Monroe wünschen frohe Weihnachten!

 

VIENNARAMA-Fazit: Eine sehr interessante Ausstellung für Film- und Fotografiefans! Aber hier kann sich jeder rausnehmen, was er möchte: Spannende Informationen zur Schnittstelle von Film und Foto, kreative Perspektiven, Filmsentimentalität oder Schauspielerrevue. Da sie auch nicht zu groß ausfällt, besteht außerdem nicht die Gefahr der Überforderung. Perfekt für eine Hirnpause in den Feiertagen!

Film-Stills – zu sehen bis 26.02. in der Albertina!

Albertinaplatz 1
1010 Wien
Täglich 10:00-18:00
Mittwoch: 10:00-21:00

Weitere Informationen

Foto-Credits: Albertina, BFI National Archive London, C. Sam Shaw Inc. – licensed by Shaw Family Archives, Privatsammlung, Österreichisches Filmmuseum © Horst von Harbou – Deutsche Kinemathek, © Berlin, Deutsche Kinemathek – Paramount Pictures, © Berlin, Deutsche Kinemathek

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