Als altem Fan der klaren Linie ist VIENNARAMA-Redakteurin Marlene eine Ausstellung ein besonderes Anliegen: Konstruktion_Reflexion im mumok. Was es mit den tiefsinnigen Begriffen auf sich hat und was man de facto zu sehen bekommt? Wer weiterliest, weiß mehr.
Die Guten
Wer die Stiegen zum mumok emporgestiegen ist, muss nicht mehr weiterklettern. Denn die Ausstellung Konstruktion_Reflexion befindet sich auf der Eingangsebene. Hier haben das entzückende Paar Dieter und Gertraud Bogner aus ihrer seit 1970 leidenschaftlich aufgebauten Sammlung geschöpft. Und nicht nur das: Dem mumok geschenkt! Sowas hört man nicht oft in Österreich – darum an dieser Stelle ein großes Kompliment an den Theoretiker und die Herzdame, die nicht nur über ein großes Wissen verfügen, sondern auch zwei überaus liebenswerte Menschen sind.
The Big Five
Begrüßt wird man jedoch von einer Vitrine. Ja, einer Vitrine. Die wiederum ein halb volles Glas Wasser beherbergt. Oder doch halb leer? Der Grundtenor der Ausstellung ist gelegt. Wir sind also schon bei František Lesáks „Halb voll, Halb leer“ (1975) überzeugt. Für weniger unvoreingenommene Besucher eröffnen sich ab hier 5 Themenbereiche: Farbe, Politisches, Erinnerung, Architektonisches, Serielles. Das sagt noch nicht viel aus. Oder wie Dieter Bogner es sagen würde: „Theorie ohne Lebenskontext ist leer.“ Also weiter im Text.
Über Farbe lässt sich nicht streiten!
Oder doch? Erhöht man um Form und Fläche, so hat man die vorherrschende Diskussion der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts vor sich. Die Farbflächenbilder von Jorrit Tornquist sind diesbezüglich eine Augen- und Seelenweide und erinnern an Kaleidoskopbilder oder – wer’s noch kennt – LÜK-Kästen. Aber auch Josef Albers spielt (ab 1950) mit Farbflächen und optischer Täuschung von Tiefe und Raum. Heimo Zobernig (1989) wiederum reflektiert Kunst im Alltag mit 15 monochrom bemalten Leinwänden, die (großteils in einer offenen Kiste verstaut) im Ausstellungsraum stehen, wobei je nach Vorliebe des Kurators z. B. vier Farbpaneele ausgewählt und aufgehängt werden.
…wir zeigen euch Bilder, die ihr nicht sehen wollt…
Dieser Ausschnitt aus Marc Adrians Gedicht (1951) beschreibt seine in der Kunst geäußerte Politkritik wahrscheinlich am besten. Collagen aus Werbematerial der Nazizeit wirken auf harmlose Art und Weise bedrohlich, wenn beispielsweise ein Gesicht aus einer Postkarte neu zusammengesetzt wird – und nun zur Hälfte aus Adolf Hitler und dem von ihm umsorgten Kind besteht. Aber auch Experimentalfilme wie „Machtspiele“ (1973) von dem uns nun schon bekannten František Lesák schlagen in diese Kerbe, wenn Fliegen auf unterschiedliche Art und Weise getötet werden: zerschnitten, mit einer Nadel aufgespießt oder mit Plastilin, der Hand oder Plakatstiften zerdrückt. Wer den politischen Kontext mitbedenkt, dem wird die Kraft der Kunst auf interessant unangenehme Art und Weise bewusst.
VIENNARAMA-Fazit: Wer ein Herz für moderne Kunst, Gedankenspielerei oder Geometrie hat, ist in dieser Ausstellung gut aufgehoben. Die Fans der alten Meister werden hier nicht glücklich werden. Besonderes Highlight: Das „Österreichzimmer“ von Peter Weibel – unbedingt auf den Fernseher schauen! Man darf gespannt sein!;)
Konstruktion_Reflexion im mumok – zu sehen bis 17.April 2017
Museumsplatz 1
1070 Wien
Weitere Informationen
Fotocredits: mumok
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